Dienstag, 24. November 2009

Kleine Apokalypsen



Und die Welt wurde von großen heißen Winden weggefegt.  Am Ende der Zeit der trockenen namenlosen Winde war Frankreich bis nach China hingeschleudert worden und die Heilige Römische Union (Konföderation) Deutscher Nation landete am Meeresboden im Pazifik, 20 Stunden unter der Oberfläche.  Die Menschen haben sich nicht retten können, bis auf einige wenige Höhlenbewohner.  Millionen suchten die Salzstöcke auf, aber sie waren schon damals bis zum Überfließen mit radioaktiven Restbeständen gefüllt; die Glücklichen, die nicht lange genug überlebten um an den Nachwirkungen der Verseuchung dahinzusiechen, wurden schon in Fluchtekstase zu Tode getrampelt.  In einer der Höhlen unterhalb des ehemaligen Feldbergs, befand sich eine Schatzkammer der Höhlenmalerei und der Schriftkultur, die eine lückenhafte Ahnung vom damaligen Kulturreichtum gab, aber auch von den Krankheiten, Ängsten, tödlichen Zweifel und tiefer Trauer der Erdbewohner.  Die Höhle wurde 'Semimaru' genannt, weil die unbekannten Künstler, diese nicht mehr verständliche Bezeichnung wie eine Zauberformel in Runenschrift überall in ihren Bildern und Aufzeichnungen  einwebten.  Die Tinte für ihre heiligen Schriften erzeugten sie aus Exkrementen - ihren eigenen und anderen.  Sie schienen auch eine Religion gehabt zu haben, sehr primitv, eine Art Unfruchtbarkeitskult; sie beteten eine dreibeinige beschnittene Hündin an, die sie Rufflette nannten, die übermenschlich erhabene Züge aufwies.  Diese seltsamen Überlebenden ernährten sich von Pinselalgen und radioaktiv mutierten Schnecken mit multipel zusammengewachsenen Gehäusen und sehr dickem Schleim.  Der Boden war mit den kleinen 'Totenköpfen' der verspeisten Schnecken dicht gepflastert.


Die Fragen - was ist ein Roman und was ist die Liebe sind sich irgendwie ähnlich.  Beide haben mit fortlaufenden Charakteren und Narrativen zu tun.  Der Anti-Roman und die Anti-Liebe haben eben keine Charaktere und kein Narrativ.  Sie sind amorph, vage und missverständlich.


Ein Werk hat einen gewissen Umriss - auch wenn man ihn nicht kennt, nicht gelesen hat.  Vielleicht vor allem dann.   Der Umriss ist ein Teil des Werkes, wie sein Schatten oder seine Fingerabdrücke.  So ist der Umriss von Oswald Wieners Buch "Die Verbesserung von Mitteleuropa, Roman", der eines "Ökonoms", eines Komputer-Geschäftsmannes.  Der Umriss von Burroughs "Naked Lunch" - das Buch eines Schußwaffenexperten.  Heroin wird auch 'geschossen'.  Schießen war sein Leben.  Der goldene Schuss.


Das unbekannte Werk ist wie eine Person, über die man nur spricht, sie aber nicht sieht.  Das Werk sitzt wie Pythagoras hinter einem Schleier - aber schweigt.  Horcht es?  Das schweigende horchende Werk ist die wesenlose Erscheinung.  Obgleich das Wesen größer als die Erscheinung ist, zählt die Erscheinung mehr.


Wiener hat 5 Jahre an seinem Buch gearbeitet - seine 'Selbstauflösung des Ichs'.  Irgendwo im Roman spielt auch Purim eine Rolle.  Er - ein Sohn von Haman, mit seinem Verehrer von Haman Ponem.  Die Fesselung an eine Sprache zieht durch das Buch hindurch.  Dort (in der Fesselung) steckt Wittgenstein.  Nach Beendigung des Buchs, hat Wiener angeblich die Literatur 'aufgegeben'.  Als sei Literatur bloß Sprache.  Literatur fängt dort an, wo Sprache aufhört.  Sprache ist das vermeintliche Gemeinsame  -  Literatur setzt sich vom Gemeinsamen ab.


Das Geheimnis (Heideggers) ist von der Masse zu sprechen ohne sie zu benennen.  Jemeinigkeit.







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